Niedersächsisches Landesarchiv – Abteilung Wolfenbüttel (NLA WO) 40 Slg Nr. 1879, 05
Verpflegungsordonnanz Herzog Georgs von Braunschweig-Lüneburg (Calenberg) als General des Niedersächsischen Kreises zur Verpflegung des Kreisheeres sowie zum Verhalten der Soldaten (25. Mai 1636)
Contribution von der Landes Fürstlichen Obriegkeit / eines oder andern Orts gese-
tzet / wegen dero ohn sein Verseumnuß und verursachen zurück bleibenden Contribu-
tion, keines weges vergewaltiget / sondern eintzig und allein gegen die schüldige exequiret
werden / also und dergestalt / wann die Obrigkeit oder der einnehmer jedes Orts bey den
Officirern umb die hülff ansuchen würde/ alßdan ein Officirer mit etzlich wenig Sol-
daten / welche dergleichen gar wol verrichten können / an jedes Orts Obrigkeit geschickt
und mit deren zuthun / gegen die rechtschuldigen ohn eintzige exorbitantien[1] mit der exe-
cution verfahren / dem Officirer täglich neun Mariengroschen / dem gemeinen Knech-
te aber sechs Mariengroschen / und einem Reuter darzu auff sein Pferde ein dreytheil
Himbten Habern / und uber das nichts an Essen / Trincken / Futter / Gelde / oder sonst
gefordert noch gegeben werden.
Damit auch die arme Unterthanen desto weniger beschweret / die angesetzte Con-
tribution desto richtiger auffgebracht / dann auch die gehörige Disciplin und Ordre
umb so viel besser gehalten werden müchte / Sollen keine Commendanten Gelder /
zumahl die gage derowegen auff ein ansehenliches erhöhet / hinfüro passirt, alle Frey-
Reuter / reformirte Officirer[2], Passevolanten[3] und Muster Jungen auch Marqueten-
ter in den Guarnisonen, unnd mehr an Troß, Bagagi unnd andern Pferden / als
oben in der Verpflegungs Ordre gesetzet / nicht gelitten / sondern abgeschafft / im fall
auch die Officirer hierin dieser Ordnung nicht nach leben würden / jhnen solches an
jhrem Ordinario[4] abgezogen werden. Wann auch die Officirer oder gemeine Solda-
ten ein mehres als diese Ordre besagt / von den Leuten nehmen / verzehren / oder auch an
Wiesen / Korn im Felde / Garten / Hegeörtern / oder sonst durch sich oder jhr Gesinde
schaden thun würden / sol jhnen solches an jhrer Zahlung gleicher Gestalt Decourtiret[5]
werden.
Wann auch die Nothurfft erforderte / das in den Quartieren an Wall und
Mawren noth wendig gebawet oder eins und anders repariret werden müste / und den
örtern es zuschwer fallen würde / oder darzu allein nicht verbunden weren / so sollen von
dem Obristen / deme das Quartier assigniret[6], und durch einen qualificirten oder jedes
orthes verordneten Ingenieur mit vorwissen und zuthun jedes orts hohen Obrig-
keit oder der Landtschaft Deputirten die nothwendigkeit in Augenschein genom-
men / die Uberschläge gemacht und von der hohen Obrigkeit oder Landtschaft Depu-
tirten die Leute dazu nach proportion verordnet / und die außtheilung von denselben /
und nicht von dem Obristen oder Commendanten, die ohne das des Landes bescha-
fenheit und Gleicheit unter den Unterthanen zuhalten unkündig / gemacht werden.
Die bißhero vorgangene Plackquereyen[7] / Streuffereyen / und Plünderungen be-
langendt / sein dieselben keinesweges zuverstatten / und sollen die Obriesten und jedes
Orts Commendanten mit zuthun der Obrigkeit ein wachendes Auge drauff haben /
damit alle dieselben / die sich des Raubens und Landtzwingerey gebrauchen / ohn unter-
scheidt und ansehen der Person / Niedergeworffen / zur gebührlichen Bestraffung ange-
halten / und da sich einer oder ander zur Gegenwehr setzete / mit Gewalt zur Hafft ge-
bracht / oder gar auff- und niedergeschlagen werden. Hinfürterst verbleibt / auch die
Bestraffung der vorhergehenden / von der militia nicht dependirenden exorbitantien,
als Rauben / Stelen / Plündern / excursionen, Nothzwang / an den Unterthanen /
und andern / der militiae nicht zugethanen / begangenen Todtschläge / auch andere Un-
thaten / und wann die Thäter in flagranti Crimine begriffen und zum Regim[ent] wieder
gelangt / oder gebracht werden / oder auch da sie inflagranti Crimine nit betreten / gleichs-
fals/ wann nurten einmahl die gehörende execution von den Officiren verzögert / oder
versagt / bey einem jeglichen uber die jenige / welche er in seinem Fürstenthumb und Lan-
de liegen hat / oder darinnen uber den Unthaten betreten möchte.
Wie dann ins gemein gute Auffsicht und Ordre gehalten / die Commercia[8] und A-
ckerbaw nicht gehindert / sondern viel mehr die armen Leute geschützt und geschirmet
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[1] Latein, hier: übermäßige Gewaltanwendung, Ausschreitungen und Übertretung der in den Verordnungen festgelegten Normen gegenüber der Zivilbevölkerung.
[2] Laut Horst-Rüdiger Jarck (Braunschweig-Wolfenbüttel im Dreißigjährigen Krieg) ist dies wirklich im konfessionellen Sinne zu verstehen. Demnach wurden für Reformierte (Calvinisten) in militärischen Verordnungen nicht selten besondere Regelungen getroffen.
[3] Verantwortlich für die Musterrollen.
[4] Regulären Lohn.
[5] Französisch: gekürzt/abgeschnitten.
[6] Von der (lokalen) Obrigkeit zugewiesen.
[7] Raub.
[8] Latein: Handel und Gewerbe.
Empfohlene Zitierweise: Philip Haas: Niedersächsisches Landesarchiv – Abteilung Wolfenbüttel (NLA WO) 40 Slg Nr. 1879, 05. Verpflegungsordonnanz Herzog Georgs von Braunschweig-Lüneburg (Calenberg) als General des Niedersächsischen Kreises zur Verpflegung des Kreisheeres sowie zum Verhalten der Soldaten (25. Mai 1636). In: dreißigjähriger krieg online / thirty years‘ war online, hg. von Markus Meumann. Online-Ressource, URL: https://thirty-years-war-online.projekte.thulb.uni-jena.de/quellen/verordnungen/edition/verpflegungsordonnanz-herzog-georgs-von-braunschweig-lueneburg-25-mai-1636/nr-1879-05 [Datum des Aufrufs in eckigen Klammern]).