Isenburg-Büdingen und Birstein, Wolfgang Heinrich (Henrich) Graf von

Obrist im Dienst Christians d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel und Schwedens, zuletzt Generalmajor. Haupterbe und nach dem Tod seines Vaters 1633 Chef des gräflichen Hauses Isenburg-Büdingen.

Autor: Christian Kodritzki


Lebensdaten

*20. Oktober 1588 Offenbach am Main, †27. Februar 1635 Frankfurt am Main

Konfession

protestantisch-reformiert (calvinistisch)

Familie, Jugend und Ausbildung

  • Eltern: Wolfgang Ernst Graf von Isenburg-Büdingen, *29. Dezember 1560 †20. Mai 1633; Anna Gräfin von Isenburg-Büdingen, geb. Gräfin von Gleichen-Remda (in der Leichenpredigt von Wolfgang Ernst wurde sie Gräfin von Gleichen-Spiegelberg, Fräulein von Thonna genannt) (1. Ehefrau Wolfang Ernsts, †1592).
  • Ehefrau: Wolfgang Heinrich Graf von Isenburg-Büdingen-Birstein heiratete 1609 Maria Magdalena Gräfin von Nassau-Wiesbaden-Idstein (*1592 –†1654), mit der er insgesamt 13 Kinder zeugte.

Den ersten Unterricht erhielt Wolfgang Heinrich durch Hauslehrer. Bereits sein Vater legte großen Wert auf eine Erziehung im calvinistischen Sinne. 1604 wurde Wolfang Heinrich auf die adelige Kavalierstour geschickt. In Begleitung eines Hofmeisters und eines Lehrers bereiste er zwei Jahre lang Frankreich, wo er an der calvinistischen Akademie von Sedan studierte sowie England und die Niederlande kennen lernte.

Schon jetzt entwickelte er eine außerordentliche Vorliebe für Sprachen, Mathematik und das Fortifikationswesen. Seinem Vater gefielen die militärischen Ambitionen seines Sohnes weniger. Er wollte, dass sein ältester Sohn sein Nachfolger in der Regierung der Isenburger Grafschaft würde, und versuchte ihn durch eine frühe Heirat (1609) und die Übergabe Offenbachs als Wohnsitz vom Militär abzuhalten. Bereits 1610 übereignete Graf Wolfgang Ernst seinem Sohn eine Eisenhütte in Hitzheim, um ihm eine Aufgabe zu geben und ihn zu verantwortlichem Handeln zu veranlassen.

Militärische Laufbahn

Die Kriegsereignisse 1615 ließen den unruhigen Grafen Wolfgang Heinrich nicht länger im beschaulichen Offenbach verweilen. Die Werbungen des Grafen Johann VIII. von Nassau-Siegen für den Herzog Karl-Emanuel von Savoyen-Piemont veranlassten ihn, sich diesem als Capitain anzuschließen. Der nur kurzen Episode schloss sich nahtlos ein Engagement im selben Rang bei dem Truppenkorps der Hansestädte unter Führung des Grafen Friedrich von Solms-Rödelheim (1574–1649) an, welches die belagerte Stadt Braunschweig entsetzten sollte.

Nach Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges stellte der Wetterauer Grafenverein 1619 ein Fähnlein Knechte für die Union auf, über welches Graf Wolfgang Heinrich als Hauptmann (Capitain) den Befehl erhielt.

1621 wechselte er bis zur Auflösung der Unionstruppen, jetzt als Rittmeister, für kurze Zeit in den Dienst des Grafen Crafft (Kraft) von Hohenlohe (1582–1641). 1622 bekam Wolfgang Heinrich vom Herzog Christian d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1599–1626) das Angebot, ein Regiment zu Fuß von 2.400 Mann als Oberst in dessen Armee zu übernehmen, welches er freudig annahm. Nach kurzer Unterbrechung infolge der Niederlage bei Höchst konnte ihn Herzog Christian d.J. 1623 mit dem Rang eines Feldzeugmeisters, also des Befehlshabers der Artillerie einer Armee, erneut in sein Heer locken. Die Niederlage bei Stadtlohn im August 1623 setzte den militärischen Ambitionen Graf Wolfgang Heinrichs nun aber vorläufig ein Ende.

Erst 1631, als der schwedische König Gustav Adolf in das Rhein-Main-Gebiet einmarschierte, bot er sich diesem an. Gustav Adolf ernannte ihn zum Oberst über zwei Regimenter. Im schwedischen Dienst avancierte Wolfgang Heinrich sodann zum Generalmajor und verblieb dort bis zu seinem Tode 1635. Kurz zuvor schloss er sich noch dem Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar (1604–1639) an, in dessen neuer Armee er eine leitende Position einnehmen sollte. Die Bestätigung und Ernennung sollte auf dem Konvent der Protestanten in Worms erfolgen, seine Krankheit und der kurz darauf folgende Tod verhinderten dies jedoch.

Militärische Engagements, Feldzüge

Seine erste militärische Anstellung als Capitain beim Grafen Johann VIII. von Nassau-Siegen (Johann der Jüngere, 1583–1638) brachten ihm keine Kampferfahrung, sondern nur Kenntnisse in Werbungen und dem Koordinieren von Märschen. Die von Johann VIII. für den Herzog Karl Emanuel von Savoyen-Piemont (1562–1630) geworbenen Truppen wurden nach dem Verbot des Kaisers bereits vor Erreichen der Schweizer Grenze wieder aufgelöst. Zu dieser Zeit bemühte sich jedoch gerade der Graf Friedrich von Solms-Rödelheim im Auftrag der Hansestädte, ein Truppenkorps zum Entsatz der von dem Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel (1591–1634) belagerten Stadt Braunschweig aufzustellen. Viele der frei gewordenen Soldaten konnte Wolfgang Heinrich anwerben und dem Grafen Friedrich von Solms-Rödelheim zuführen. Bei dem harten Kampf um den Zugang zur Stadt Braunschweig führte Wolfgang Heinrich unter großem persönlichem Einsatz vier Fähnlein. Sein Vater schrieb von einer „schweren Verwundung“, die Wolfgang Heinrich dabei erlitten haben sollte. Diese kann aber nicht so gravierend gewesen sein, da sie sonst von keinem anderen Bericht erwähnt wurde. Graf Friedrich von Solms-Rödelheim, der ansonsten ausführlich über das Geschehen berichtete, hätte es sicher aufgeführt. Nach dem Entsatz Braunschweigs flauten die Kämpfe ab, zu Beginn des Jahres 1616 kehrte Wolfgang Heinrich nach Hause zurück.

Der Tod seines Bruders Philipp Ludwig, welcher mit ihm nach Braunschweig gezogen war und am 20. November bei einem Duell mit dem Freiherrn Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl (1588–1644) vor den Toren der Stadt Braunschweig erstochen wurde, veranlasste seinen Vater, ihn durch Übertragung weiterer Aufgaben noch energischer von weiteren Kriegsdiensten abzuhalten.

Nach Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges warb der Wetterauer Grafenverein wieder ein Fähnlein Soldaten für das Heer der protestantischen Armee an. Der Befehlshaber dieses Fähnleins wurde Graf Wolfgang Heinrich.

Mit seinen Soldaten zog er 1619 dem Anführer der Armee der Protestantischen Union, Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach (1583–1625) entgegen, wobei er sein Fähnlein in und um (Bad-) Windsheim und Rotenburg ob der Tauber vervollständigte und verstärkte. Im Mai 1620 war Graf Wolfgang Heinrich mit seinen Soldaten unter den Truppen von Markgraf Joachim Ernst, die nach Ulm zogen, wo sie der bayerischen Armee des Herzogs Maximilian I. gegenüberstanden, welche bei Dillingen, Lauingen und Günzburg logierte. Nach dem von Markgraf Joachim Ernst in Ulm ausgehandelten Waffenstillstand und vereinbarter Neutralität zwischen den Unionstruppen und der bayerischen Armee (3. Juli 1620) zog Wolfgang Heinrich mit seinem Fähnlein vorübergehend nach Windsheim zurück, um schon im August gemeinsam mit Markgraf Joachim Ernst an den Rhein vorzurücken, weil der spanische General Ambrosio Spinola (1569–1630) die Stadt Frankfurt bedrohte. Bei Oppenheim lagen sich die Armeen der Union und Spinolas längere Zeit untätig gegenüber, was der Moral der unzureichend ausgerüstet und versorgten Truppen des Markgrafen nicht zuträglich war. Nach Streit in der Führung über das weitere Vorgehen zog sich die Armee der Union, dem Heer Spinolas unterlegen, schließlich zurück (genau genommen löste sie sich auf, weil die einzelnen Kontingentsführer einfach mit ihrem Truppenteil davonzogen).

Nach der kurzen Episode beim Grafen von Hohenlohe bekam Graf Wolfgang Heinrich 1622 das Angebot, Oberst eines Regimentes Fußknechte von 2400 Mann bei der Armee des Herzogs Christian d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel zu werden. Dem konnte er nicht widerstehen. Sehr schnell hatte er das Regiment in der Wetterau aufgebracht und marschierte zum Herzog. Er machte mit seinem Regiment sodann den Marsch des Herzogs nach Höchst mit, wo es zum Kampf mit der Armee des ligistischen Generalfeldmarschalls Johan Tserclaes Tilly (1559–1632) kam. Bei dieser Schlacht sollte sein Regiment als Nachhut den Rückzug decken. Es erlitt dabei schwere Verluste; Wolfgang Heinrich selbst konnte nur mühsam aus dem Main gerettet werden. Bei seiner Rückkehr nach Hause ermahnte ihn sein Vater erneut, dem Kriegsdienst abzuschwören. Wolfgang Heinrich gelobte auch Besserung und wollte sich weiterer militärischer Tätigkeiten enthalten.

Als aber Herzog Christian d.J. ihm 1623 ein Kavallerieregiment von 1.000 Mann und den Rang eines Feldzeugmeisters anbot, was dem Befehlshaber der Artillerie einer Armee entsprach, vergaß er alle gegebenen Versprechungen. Wieder warb er in der Wetterau Soldaten und führte sie dem Herzog zu. Auf diesem Marsch verübten die Soldaten des Isenburger Regiments in der Hessen-Darmstädter Grafschaft Nidda schwerste Exzesse, was äußerst unangenehme Folgen für den Grafen von Isenburg und seine Familie mit sich bringen sollte: Bei der schweren Niederlage der Truppen des Herzogs Christian d.J. in der Schlacht bei Stadtlohn (6. August 1623) wurde Wolfgang Heinrich zusammen mit vielen anderen Offizieren gefangen. Die Gefangenschaft verbrachte er erst in Münster, dann in Wien. Auf Fürsprache vieler hochrangiger Personen, darunter der Kaiserin, wurde er am 27. Februar 1624 schließlich freigelassen, allerdings nicht ohne zuvor noch ein hohes Lösegeld („Ranzion“) bezahlt zu haben. Zudem musste er geloben, nie mehr gegen den Kaiser die Waffen zu ergreifen. Auch musste er einen Revers unterschreiben, dass er sich jedem gerichtlich stellen werde, der ihn wegen seiner Kriegstaten anklage. Dies brachte ihn und seine Familie in den nächsten Jahren in große existenzielle Bedrängnis. Der Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt (1605–1661) verklagte ihn wegen Landfriedensbruch auf Entschädigung, was ihn zeitweise von seinen Gütern vertrieb.

Das Erscheinen des schwedischen Königs Gustav Adolf im November 1631 im Rhein-Main-Gebiet ließ Wolfgang Heinrich erneut alle Schwüre vergessen. Er bot diesem sofort seine Dienste an. Der König ernannte ihn zum Befehlshaber zweier Regimenter, die er aber selbst werben sollte. Das Fußregiment konnte er rasch errichten. Aus Mangel an verfügbaren Pferden konnte er in Absprache mit Gustav Adolf jedoch nur eine Kompanie zu Pferd anwerben. Als Oberst und später als Generalmajor zog er mit der Armee des Königs und nahm an den Schlachten von Lützen 1632 und Nördlingen 1634 teil, von wo er mit den Resten der schwedischen Armee unter Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar entkam. Zu einer Anstellung bei der neuen Weimarer Armee kam es nicht mehr, da er an Gicht erkrankte, einen Schlaganfall erlitt und halbseitig gelähmt wenige Monate später starb.

Netzwerke

Einen gewissen Rückhalt hatte Wolfgang Heinrich von Isenburg sicher in seiner weitverzweigten Familie. Dazu kamen die Mitglieder des Wetterauer Grafenvereins, bei denen durch Jahrhunderte langes Einheiraten untereinander eine starke Verbundenheit der gräflichen Familien bestand. Noch dazu agierte der Vater Wolfgang Heinrichs, Graf Wolfgang Ernst von Isenburg-Büdingen (1560–1633), lange Zeit als „Ausschreibender“ (Vorsitzender) des Wetterauer Grafenvereins. Die Hilfsleistungen der Wetterauer Grafen für Wolfgang Heinrich waren allerdings begrenzt und erstreckten sich in erster Linie auf Unterstützungen bei dessen Werbungen und Lieferungen von Waffen und Munition. Weitere Verbindungen mit Unterstützern sind nicht erkennbar. Wohl aus gutem Grund, waren doch seine Feinde die zwei mächtigsten Männer des Reichs: Der Kaiser und der Reichserzkanzler, d.h. der Kurfürst von Mainz. Bei einem Mann, der so mächtige Feinde hatte, blieb man wahrscheinlich lieber auf Abstand, selbst wenn man sein Tun insgeheim guthieß.

Kriegsunternehmerische Tätigkeit

Wolfgang Heinrich von Isenburg-Büdingen war als Graf und Nachfolger des Chefs (1633) des gräflichen Hauses Isenburg-Büdingen nicht auf Werbung von Regimentern zum Zwecke des Gelderwerbs angewiesen. Im Gegenteil kann man ihm eine fast fanatische Begeisterung für die protestantische Sache attestieren. Geldzahlungen für seine Werbungen von Fähnlein oder Regimentern und deren Haltung verschmähte er allerdings nicht, zumal sein Lebensstandard große Summen verschlang. Da aber durch den Streit mit dem Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt und die dadurch bedingte zeitweilige Aberkennung seiner Güter seine Familie Not litt, waren wohl seine Einkünfte in erster Linie für deren Lebenshaltung notwendig. Wolfgang Heinrich selbst ging es dagegen in erster Linie wahrscheinlich um persönlichen Ruhm und Ehre. Er lebte jedoch auch in einer Zeit, in der es selbstverständlich war, die eigenen Güter möglichst zu vergrößern. Hieß es doch schon in des Kaisers Titel „allzeit Mehrer des Reiches“.


Quellen – Literatur

Kodritzki, Christian: Zwischen Krieg und Stillstand, Verlag Christian Kodritzki, Offenbach am Main 2011.

Kodritzki, Christian: Kurmainz und Hessen-Darmstadt kontra Ysenburg, Verlag Christian Kodritzki, Offenbach am Main 2014.

Kodritzki, Christian: Die Hessen bei der Belagerung von Braunschweig 1615, Verlag Christian Kodritzki, Offenbach am Main 2017.

Simon, Gustav: Die Geschichte des reichsständischen Hauses Ysenburg und Büdingen, Bd. 2: Die Ysenburg und Büdingen`sche Hausgeschichte, Frankfurt a. M. 1865.

Wille, Richard: Hanau im Dreissigjährigen Kriege, Hanau 1886.

Bilder

Es sind keine Bildnisse von Graf Wolfgang Heinrich von Isenburg bekannt.

Links

https://www.deutsche-biographie.de/sfz35305.html#adbcontent

GND

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Empfohlene Zitierweise: Christian Kodritzki: Isenburg-Büdingen, Graf Wolfgang Heinrich von [2017]. In: Lexikon der Heerführer und hohen Offiziere des Dreißigjährigen Krieges, hg. von Markus Meumann (Online Ressource; URL: https://thirty-years-war-online.projekte.thulb.uni-jena.de/isenburg-wolfgang-heinrich [Datum des Aufrufs in eckigen Klammern]).